Besuch von meiner Familie & Ostern

Der März ist schon lange rum und ich möchte euch endlich erzählen, was bei mir in diesem Monat los war: Ich hatte Besuch von meiner Familie!

Zuerst sind am Donnerstag, den 8.3. mein Patenonkel und meine Schwester aus München angereist und wir waren Samstag auf Sonntag bei der Halong-Bucht. Gemeinsam haben wir die gleiche Tour gemacht, die ich im Dezember auch schon mit Zoe gemacht hatte. Das Wetter war wieder wunderschön und es war genauso menschenleer wie beim letzten Mal. Einfach toll! Auch beim zweiten Mal anschauen ist die Halong-Bucht atemberaubend.

Meine Schwester und ich in der Halong-Bucht

Sonntags sind dann meine Eltern in Hanoi angekommen. Bis Dienstag haben wir zusammen Zeit in Hanoi verbracht - ich bin jeden Tag nach der Arbeit dazu gestoßen. Größtenteils waren wir im Old Quarter, der Altstadt Hanois, und am wunderschönen Hoan Kiem Lake unterwegs, wo ich meiner Familie unter anderem mein kleines verstecktes Lieblingscafé zeigen konnte. 

Mittwochmorgen ging es dann weiter für meine Familie nach Hue (frühere Hauptstadt,  in Zentralvietnam) und anschließend nach Hoi An. Dort habe ich mich am Freitagabend mit allen getroffen bin, nachdem ich Freitagmittag von Hanoi nach Da Nang geflogen war. Hoi An ist eine sehr malerische kleine Küstenstadt in Zentralvietnam - früher eine wichtige Hafen- und Handelsstadt - südlich des Wolkenpasses und der Stadt Da Nang. Hier findet man unter anderem viele Schneider, Schuhmacher, Kunstgalerien und Lampionhersteller, die sich in den kleinen gelben Häusern niedergelassen haben. Die Stadt ist sehr alt und die Bausubstanz gut erhalten, die Atmosphäre ist sehr ruhig und entspannt, ganz anders als in den anderen Städten Vietnams. Gleichzeitig ist Hoi An aber auch sehr touristisch: anschauen kann man sich neben dem schönen Stadtbild chinesische Versammlungshallen, Tempel, traditionelle, alte Häuser und die alte japanische Brücke.

Straße in Hoi An


Tempel in Hoi An

Vor einer chinesischen Versammlungshalle

Japanische Brücke

Strand von Hoi An


Herstellen von seidenen Lampions 

Hier haben wir also unser Wochenende verbracht, es war wirklich sehr, sehr schön. Meine Schwester hat sogar ein Ao Dai (die vietnamesische Nationaltracht) von meinem Patenonkel geschenkt bekommen. :)
Sonntags bin ich dann zurück nach Hanoi geflogen, da ich montags wieder arbeiten musste, und die anderen sind nach Saigon geflogen, um einige Tage im Süden Vietnams zu verbringen. Von meiner Schwester und meinem Patenonkel musste ich mich wieder verabschieden, weil sie von Saigon aus nach München zurückgeflogen sind. Ich war schon sehr traurig, weil ich - auch wenn man in Kontakt über Whatsapp oder Skype steht, meine Familie manchmal sehr vermisse. Abschied zu nehmen, wo man gerade so eine schöne Zeit miteinander verbracht hat, und mit dem Wissen, dass man sich noch 5 Monate lang nicht sehen wird, fällt da schon schwer. 

Den darauffolgenden Samstag kamen dann aber meine Eltern wieder in Hanoi an. Sonntags haben wir einen Ausflug zur Pafümpagode gemacht, was ein echtes Erlebnis war. 
Zuerst ein paar Informationen: Die Pafümpagode (Chua Huong), die im Roten-Fluss-Delta liegt, ist eines der wichtigsten Pilgerziele im Norden Vietnams. In den ersten 3 Monaten des Mondkalenders, also nach dem Tet-Fest Mitte Februar, reisen Hunderttausende Vietnamesen zu den vielen Tempeln und Grotten um den Huong Tich Son (Berg der wohlriechenden Spur).
Nachdem wir ca 2h mit einem Van und unserer Tourgruppe gefahren waren, sind wir in ein flaches metallenes Ruderboot gestiegen und 1h auf dem Yen Fluss Richtung Huong Tich Berg gefahren. Eigentlich sehr entspannt, die Bootsfahrt zwischen Reisfeldern und grünen Karsthügeln ... wäre da nicht die laute Technomusik gewesen und die vielen Boote, die geradezu überfüllt waren mit gut gelaunten Menschen. Auf dem Fluss sind wir an vielen Booten vorbeigefahren, von denen aus Essen und Getränke verkauft wurde. Angekommen bei der Bootsanlegestelle vor den Bergen wurde uns erst richtig bewusst, wie voll es ist: Die Boote lagen schon teilweise übereinander und um ans Land zu kommen musste man über einige Boote klettern - gar nicht so einfach. Auf dem Weg zur Pagode sind wir an vielen Restaurants und Ständen vorbei gelaufen, die neben vielen anderen Tieren tatsächlich auch Hunde- und Pangolinfleisch verkauft haben, was beides hier als Delikatessen gilt. Mich hat gerade der Verkauf von Pangolin extrem geschockt, weil es eigentlich verboten ist und das Pangolin vom Aussterben bedroht ist. Das habe ich bereits im Blogeintrag zu unserem Besuch im Cuc Phuong Nationalpark erwähnt. 
An der Bootsanlegestelle

Auf dem Yen-Fluss

Auf dem Weg zum ersten Tempel, dem Thien Tru (Himmelsküche) Tempel, sind wir an vielen Ständen vorbei gelaufen, die Essen, Getränke, religiöse Dekorationen und Opfergaben (zB Papierfiguren zum Verbrennen, Obst oder Süßigkeiten, Blumen - häufig schon auf goldenen Tellern angerichtet) verkauft haben. Es gab aber auch viele Tombolastände oder Stände, die Spielzeug verkauft haben, sowie Stände für traditionelle chinesische Medizin. Viele Verkäufer hatten ein Mikrofon und haben Preise ausgerufen, dazu wurde an vielen Ecken Karaoke gesungen. Durch die unglaublich vielen Menschen, die sich nur so auf den Wegen gedrängt haben, den Lärm und die vielen Stände hat alles wie ein Jahrmarkt und ein großes Volksfest gewirkt. Eigentlich hatte ich mir eine religiöse Pilgerstätte an hohen Feiertagen etwas anders vorgestellt - allerdings unterscheidet sich die Stimmung in Europa an hohen Feiertagen und an berühmten Pilgerstätten wahrscheinlich gar nicht so sehr davon.

Thien Tru Tempel

Thien Tru Tempel



Nachdem wir uns den Thien Tru Pagode angeschaut hatten, ging es weiter zur Liftstation. Dort nahmen wir - nach 45 Minuten Anstehen - einen Lift hoch zur Huong Tich Grotte, in der sich der wichtigste Tempel befindet. Aus dem Lift draußen haben wir gesehen, dass der Weg zur Höhle, ca 1 km, komplett verstopft und voll von Menschen. Wir haben beschlossen, beim Fest einfach mitzumachen und haben uns also in die Menge eingereiht und uns ganz langsam "mit dem Flow" Richtung Höhle bewegt. Eingequetscht zwischen Menschen haben wir ca 2h für den Weg gebraucht und unsere Nerven waren dann doch etwas strapaziert von der Enge und dem Gedränge. Erstaunlich war: trotz der Menschenmenge und des Gedränges hatten alle gute Laune, es gab nirgendwo Streit und keine ernst zu nehmenden  Rempeleien  - das wäre in Deutschland sicher nicht so gewesen. Am Rand des Weges, von dem aus man übrigens eine tolle Aussicht auf die umliegenden Berge hatte, waren immer noch viele Stände. Viele von ihnen verkauften kleine Vögel, die zu 20igst in einen kleinen Käfig gestopft waren. Leute bezahlten dann etwas, um einige Vögel zu befreien und fliegen zu lassen. Ich nehme an, dass dies Glück bringen soll.

Auf dem Weg zur Huong Tich Grotte

Endlich bei der Grotte angekommen musste man noch 120 Stufen hinunter steigen und man betrat die riesige Höhle mit ihren Altären und Buddhastatuen.  Auch in der Grotte gab es einen Stand, bei dem Opfergaben verkauft wurden, und auch hier war es sehr voll. Trotzdem war die Grotte sehr beeindruckend. 




Anschließend sind wir mit dem Lift wieder nach unten gefahren, wurden wieder eine Stunde lang auf dem Yen-Fluss zurück gerudert und sind schließlich nach der Busfahrt müde wieder in Hanoi angekommen. 
Auch wenn es sehr anstrengend war, war es ein tolles Erlebnis und ein echter Einblick in die vietnamesische Kultur. Ich habe wirklich große Achtung vor allen, die jedes Jahr zu dieser Zeit zur Pafümpagode reisen um Opfergaben zu bringen und für Glück im neuen Jahr zu beten - das ganze teilweise noch mit kleinen Kindern! Ich habe auch viele Senioren gesehen, die trotz ihres Alters und körperlicher Beeinträchtigungen der Menschenmenge trotzen und die Pagode besuchen. Es handelt sich wie gesagt, nicht nur um eine religiöse Angelegenheit sondern um ein großes und friedliches Volksfest für die ganze Familie mit viel Essen, Trinken und Spielen - für viele Vietnamesen ein wichtiges Event im Jahr. 

Wir wurden von unserem Touranbieter auch vorgewarnt, dass es sehr voll werden würde - hinzu kommt, dass es am Wochenende noch voller ist. Da auch in allen Reiseführern davon abgeraten wird, in den drei Monaten nach Tet dorthin zu fahren, waren wir mit unserer Tourgruppe so ziemlich die einzigen "Westler" in der Menge. Gerade meine Eltern und ich sind durch unsere Größe total aufgefallen und wurden durchgehend bestaunt, angelacht, angesprochen und fotografiert - eine Sache, mit der ich im Laufe der Zeit hier immer besser zurecht komme.
War mir das große Interesse an meiner Person und meiner hier auffallenden Erscheinung am Anfang noch unangenehm und hat mich etwas genervt, so reagiere ich mittlerweile mit einem Lächeln darauf. Viele Vietnamesen, die zur Pafümpagode pilgern, kommen schließlich vom Land und haben daher bis jetzt wenige "Westler" gesehen. Das gleiche gilt für das Viertel in Hanoi, in dem ich wohne - hier gibt es auch kaum Nicht-Vietnamesen. Die Menschen finden uns daher auffallend und ungewöhnlich, weswegen wir häufig angesprochen werden. Ich weiß, das mein Auftreten bei manchen einen bleibenden Eindruck hinterlässt - also: immer freundlich bleiben und lächeln. Der 100. Vietnamese, der mir fröhlich andeutet, dass ich sehr groß bin, weiß schließlich nicht, dass 99 vor ihm schon das gleiche gesagt haben.

Montags haben wir einen Ausflug nach Ninh Binh gemacht. Wir haben eine Bootsfahrt bei Trang An gemacht, die ich bereits einmal mit Zoe gemacht habe und von der ich schon in meinem Blogeintrag zu unserem Wochenende in Ninh Binh berichtet habe. Es war wieder wunderschön und extrem ruhig - gerade nach der Hektik und dem Lärm bei der Pafümpagode ein wunderschönes Erlebnis. Danach haben wir noch Chua Bai Dinh angeschaut - den größten buddhistischen Tempelkomplex in Vietnam, der 2003 gebaut wurde - mit seinen vielen in die Berglandschaft eingefügten Tempeln und vielen riesigen Buddhastatuen. Sehr beeindruckend!






Die nächsten Tage haben ich gemeinsam mit meinen Eltern in Hanoi verbracht, was sehr schön war. Endlich konnte ich ihnen noch mehr von der Stadt zeigen, von der sie sonst nur in Skype-Gesprächen hören und die ich so lieben gelernt habe. Wir haben zusammen einige meiner Lieblingscafés besucht, und sind Abends essen gegangen. Am letzten Abend haben wir auf in einem Restaurant gegessen, von dessen Dachterrasse man einen wunderschönen Ausblick auf den abendlichen Hoan Kiem See und die Umgebung hatte. Freitagabend ging dann auch schon der Rückflug nach Frankfurt und es kam zum zweiten schweren Abschied. 
Ich bin trotzdem unglaublich froh und dankbar, dass meine Familie mich hier besuchen konnte und einen Teil dieser Erfahrung mit mir teilen kann. Ich glaube, ihnen hat Vietnam genau so gut gefallen wie mir! :)

Hoan Kiem Lake bei Nacht 

Sonntags war Ostersonntag und ich bin in die französische Messe in der St. Joseph's Kathedrale in Hanoi gegangen. Weil ich zu früh dran war, habe ich noch die letzte halbe Stunde der vietnamesischen Messe mitbekommen. Hier war die Kirche bis zum Platzen gefüllt, die Leute haben sich sogar draußen vor der Tür gedrängt und so ziemlich alle haben mit ihrem Smartphone gefilmt, wie der Bischof aus der Kathedrale gezogen ist. Die christlichen Gemeinden wachsen tatsächlich sehr stark in Vietnam. Die französische Messe danach war um einiges kürzer (statt 2h nur 1,5h) und die Kirche war zu etwa 3/4 gefüllt, davon geschätzt  2/3 "Westler". Obwohl ich eigentlich protestantisch bin, habe ich es richtig genossen, in der Kathedrale zu sein, dem Gottesdienst zu folgen und vor allem die Musik zu hören - eindeutig ein Stück Heimat. Gerade nachdem meine Eltern abgeflogen waren, hat das richtig gut getan.
An Ostern ist mir auch Folgendes aufgefallen: Hat mir bei unserem Ausflug zur Pafümpagode doch die Spiritualität gefehlt, und hat es für mich eher wie ein Volksfest statt wie eine Pilgerfahr gewirkt, so ist es bei uns an Ostern häufig nicht anders. Familien kommen zusammen zum Essen und man geht vielleicht in die Kirche, danach gehen die Kinder aber Ostereier und Osterkörbchen suchen und man erzählt vom Osterhasen. Religion ist eben nicht nur Gebet und Andacht, sondern hängt auch mit Feiern und alten Traditionen zusammen, die bei uns zum Teil aus dem Paganismus kommen (Ostereier), und in Vietnam aus dem traditionellen Volksglauben, dem viele Vietnamesen noch zumindest in Zügen folgen und mit dem Buddhismus verbinden. Sicher ist, dass solche Traditionen und Ereignisse Gemeinschaft und Identität stiften.
 
St. Joseph's Kathedrale



Noch etwas, was mir in der letzten Zeit sehr bewusst wurde, ist der andere Umgang mit Tieren.
In Hanoi sieht man häufig, wie Hunde oder Katzen in kleinen Käfigen gehalten werden, die auf der Straße stehen, kleine Schmuckschildkröten, die zu 50igst in einer kleinen Plastikwanne zum Verkauf gehalten werden, oder kleine Vögel, die in viel zu vollen Käfigen leben - wie auch bei der Pafümpagode. Das Verhältnis zum Tier ist eben ein ganz anderes: Das Tier wird anders bewertet als bei uns und dient entweder als Nahrungsmittel, als Nutztier oder als Schmuckstück. Das Essen von Pangolinen, wo diese so stark bedroht sind, finde ich unverantwortlich. Gleichzeitig sieht man mittlerweile auch sehr viele Schoßhunde, die von ihren Besitzern sehr verwöhnt werden, was unserem Verhältnis zu Haustieren näher kommt. Hierbei werden die Tiere als Objekt und als reines Schmuckstück gesehen. Eine "Freundschaft" zwischen Mensch und Tier kommt hier wohl eher selten vor.
Zu behaupten, wir Europäer würden unsere Tiere besser behandeln, greift aber viel zu kurz. Immerhin gibt es in Europa - und gerade in Deutschland -  industrielle Massentierhaltung zur Fleischproduktion sowie Tiertransporte unter schrecklichen Bedingungen. Diese Art der Fleischproduktion gibt es hier meines Wissens noch nicht, wird aber mit fortschreitender Entwicklung des Landes bald kommen. Momentan weiß aber jeder Vietnamese, wie das Tier aussieht, das er gerade isst, und hat nicht so ein entfremdetes Verhältnis zu Fleisch oder Fisch als Lebensmittel, wie es bei uns manchmal der Fall ist. 

Gestern war ich übrigens endlich im Ho-Chi-Minh-Mausoleum, wo man sich den nach russischem Vorbild einbalsamierten Körper Ho Chi Minhs anschauen kann, der in einem schwarzen Seidenhemd gekleidet in einem gläsernen Sarkophag liegt, bewacht von vier Soldaten - eigentlich gegen seinen Willen, da er in seinem Testament geschrieben hatte, dass sein Körper verbrannt und über Vietnam verstreut werden sollte. Um ihn anzuschauen, musste ich eine gute Stunde anstehen, zwischen größtenteils Vietnamesen: Schulklassen, Eltern mit ihren Kindern oder ältere Leute. Im Mausoleum drinnen durfte man ihn sich ca 20 Sekunden anschauen, dabei musste man aber stetig weiterlaufen, damit es keinen Stau gibt. Die Verehrung Ho Chi Minhs ist sehr ausgeprägt und allgegenwärtig in Vietnam, ein besonderes Erlebnis also ihn sich anzuschauen. Und man muss das ja schließlich einmal gemacht haben, wenn man ein Jahr in Hanoi wohnt!

Ho-Chi-Minh-Mausoleum

Ho-Chi-Minh-Mausoleum, an einem anderen Tag aufgenommen


Ich freue mich jetzt schon sehr auf mein langes Wochenende Ende April, an dem ich nach Hongkong fliegen werde. Ich bin gespannt!

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