Erste Eindrücke aus Hanoi

Vor genau einer Woche bin ich in Hanoi gelandet. Jetzt, da ich endlich richtig angekommen bin, kommt auch  mein erster Blogpost aus Vietnam. Richtig angekommen heißt, dass Zoé (meine Mitfreiwillige, Blog: https://thevietnamexperiencezoe.wordpress.com) und ich endlich in unser Zimmer eingezogen sind. Aber ich beginne mal am Anfang.

Nachdem wir, d.h. Franziska, Anna (beide im Xuan Thuy National Park, auch ein Projekt von VAF), Zoé und ich, nachmittags nach einem sehr anstrengenden Flug angekommen sind, wurden wir von Lam (unserm  Mentor) und Linh (Mitarbeiterin bei dem Projekt Blindschool) empfangen. Das Klima war erstmal ein Schock: ca. 32°C und über 90% Luftfeuchtigkeit - schwer zu ertragen für uns. Verschwitzt sind wir nach der Taxifahrt im VAF-Haus, das im Norden Hanois liegt, angekommen. Hier würden wir für die nächsten Tage wohnen. Zu viert in einem kleinen Zimmer mit zwei Stockbetten untergebracht haben wir uns sehr über die vier Ventilatoren gefreut, die uns zur Verfügung standen. Abends sind wir mit Lam und dem französischen Freiwilligen, der noch für zwei Wochen im VAF-Haus wohnt bevor er zurückreist, in einem der wenigen vegetarischen Restaurants essen gegangen. Dort haben wir viele vietnamesische Speisen, wie frittierten Tofu, Frühlingsrollen oder Kokossalat bestellt, die man (natürlich) mit Reis und Fischsoße isst. Wir konnten auch gleich unsere Fähigkeit, mit Stäbchen zu essen, testen. Das duschen abends hat nicht wirklich viel gebracht, da man sofort wieder verschwitzt ist - und wenn auch nur dadurch, das man etwas bestimmtes sucht, das im Koffer vergraben ist.

Donnerstag und Freitag waren wir bis nachmittags im VAF-Büro, das gegenüber von der Blindenschule ist. Es liegt im 3. Stock und um zur Treppe zu gelangen muss man sich durch einen Laden, der Badezimmereinrichtung verkauft, durchkämpfen.

Blick aus dem Büro auf die Schule, kurz vor Schulschluss: Eltern warten auf ihre Kinder


Hier haben wir schon weitere Mitarbeiter von VAF kennengelernt und viel Organisatorisches geklärt.
Donnerstagabend sind wir in der Altstadt etwas trinken gegangen. Hier ist jede Straße voll mit Läden der selben Sorte, es gibt z.B. eine Straße, in der man fast nur Spielzeugläden findet.
Freitagabend sind wir auf den bekannten  Nachtmarkt gegangen, wo man neben Souvenirs, Essen und Klamotten auch allerhand Gefälschtes findet, z.B. Nike-Sneakers.
Nachdem wir ordentlich verschlafen hatten, haben wir uns samstags die Überreste der einstigen Zitadelle von Thang Long angeschaut, dessen Gelände wie eine Ruheoase in der Großstadt ist. Frühabends haben wir uns mit Linh getroffen und sind um den Hoan Kiem-See spaziert, der im Stadtzentrum liegt. Hier ist alles voll mit Leuten, es bilden sich Menschenpulke um Tänzer und Musiker, aus jeder Richtung dröhnt laute Technomusik und Kinder fahren mit Spielzeugautos herum. Anschließend haben wir uns mit einem Freund von Linh in einer Bar getroffen. Zuerst war die Musik dort so laut, dass man sich kaum unterhalten konnte. Später gab es aber dann noch Livemusik - vietnamesische und amerikanische Lieder wurden gespielt. Das war super!



Auf dem Gelände der Zitadelle



Die rote Brücke der aufgehenden Sonne auf dem Hoan-Chiem-See

Sonntag haben wir das silk village von Hanoi besichtigt, wo man sich ansehen kann, wie Seidenstoffe hergestellt werden. Sehr interessant, aber wir waren so müde, dass wir mittags wieder heimgefahren sind und den restlichen Tag entspannt haben - das hatten wir wirklich nötig!




Im silk village

Ab Montag ging es dann wieder von 9 bis 16 Uhr ins Büro. Wir saßen viel rum und haben geredet, Lam hat uns aber auch schon mehr über unsere Projekte und die vietnamesische Kultur erzählt. Dienstags haben wir außerdem Braille gelernt. Das ist gar nicht so schwierig und das schreiben macht total viel Spaß!
Dienstags sind Zoé und ich außerdem in unser Zimmer eingezogen. Wir haben zwei riesige Doppelbetten, ein recht großes Bad, Ventilator und Klimaanlage (auch wenn wir diese wohl kaum anmachen werden wegen des Stromverbrauchs) und eine Waschmaschine, die im obersten (4.) Stock auf dem Balkon für das ganze Haus zur Verfügung steht. Dort befindet sich auch die Küche, die wir aber voraussichtlich kaum benutzen werden, da man hier sehr günstig sehr gut essen gehen kann. Unsere Wohnung befindet sich im 3.Stock, um zur Treppe zu gelangen muss man die Rezeption einer Zahnarztpraxis durchqueren. Ein großer Vorteil ist die Lage: Das Haus befindet sich in der gleichen Straße wie das VAF-Büro und die Blindschool. Wir müssen nur ein paar Minuten laufen um zu unserer Arbeitsstelle zu kommen, was für eine Stadt wie Hanoi (ca. 6,5 Mio Einwohner) nicht üblich ist. Unsere Vermieterin und ihre Mutter haben uns Dienstag Mittag dann noch zum Essen eingeladen - sehr nett!


Blick von dem Balkon

Unser Zimmer

Die nächsten Tage werden wir weiter eingeführt: Zoé und ich werden mit den anderen beiden (die erst Ende September in den Nationalpark fahren) etwas Vietnamesisch lernen und mehr darüber erfahren, wie wir mit den blinden oder visuell beeinträchtigten Schülern umgehen sollen und was wir auf jeden Fall vermeiden sollen.

Ich werde in späteren Blogeinträgen auf jeden Fall noch mehr über Hanoi schreiben, hier sind aber schon mal meine ersten Eindrücke: Die Stadt ist sehr laut, überall sind Menschen, die Luft ist verschmutzt und es riecht teilweise sehr komisch. Alles ist zugebaut. Der Bürgersteig ist blockiert von z.B parkenden Mopeds, auf dem Boden sitzenden Leuten oder kleinen Plastiktischen und -hockern die zu Restaurants gehören, sodass wir meist am Rand der Straße laufen. Trotzdem ist es unglaublich aufregend, man entdeckt an jeder Ecke etwas Neues.
Die größte Schwierigkeit war bis jetzt - neben dem Klima, an das man sich aber schnell gewöhnt - das Überqueren der Straßen: Da ständig Mopeds (sehr viele hier!) und Autos (weniger) von rechts und links kommen, muss man einfach drauflos laufen und die Straße mit gemäßigtem Tempo überqueren. Die Mopedfahrer umfahren einen dann. Größter Fehler: Plötzlich schneller werden oder einen Rückzieher machen und umkehren - man ist dann nicht mehr einschätzbar für die anderen Verkehrsteilnehmer. Autos sollte man übrigens abwarten, die sind nicht so rücksichtsvoll wie Mopedfahrer. Ich würde aber sagen, bei uns klappt das schon ganz gut!

Damit der Blogeintrag nicht zu lange wird hier noch drei Dinge, die mir sofort aufgefallen sind .
1. Mit meinen fast 1,80m bin ich sehr groß hier. Die Vietnamesen, vor allem die Frauen, sind deutlich kleiner. Das merke ich z.B. im Bus: Hier halte ich mich, wenn ich stehe, an der Stange fest, an der die Gummischlaufen hängen, an denen man sich eigentlich festhalten soll. Wenn der Bus sehr ruckelt (was häufig vorkommt durch das ständige Anfahren und Bremsen im stockenden Verkehr) schlagen mir die Gummigriffe, falls ich nicht aufpasse, ins Gesicht.
2. In der Vietnamesischen Kultur bringen Jüngere Älteren sehr viel Respekt entgegen. Hier auch wieder das Beispiel Bus: Betritt eine ältere Person den Bus springt sofort eine jüngere Person auf und überlässt ihr den Sitzplatz. Die ältere Person setzt sich dann ohne sich zu bedanken, die Jüngere erwartet aber auch kein Danke. Lam hat uns erklärt, dass das durch die konfuzianistische Prägung der vietnamesischen Kultur bedingt ist.
3. Vietnam ist ein sehr junges Land, wo man hinschaut sieht man junge Leute. Die 0 bis 24 Jährigen machen hier ca. 40% der Gesellschaft aus (in Deutschland nur  ca. 23%). Mir fällt gleichzeitig auf wie "alt" Deutschland im Vergleich ist.

So, das war es jetzt erst einmal, auch wenn ich noch ewig weiter schreiben könnte.
Ich bin gespannt was die nächsten Tage bringen und wann wir unseren ersten Einsatz in der Blindschool haben!



Kommentare

  1. Hallo Antonia! Tolle Bilder & tolle Eindrücke! Wir Daheimgebliebene beneiden euch ja schon ein kleines bisschen...:) Liebe, liebe Grüße von Uli, Mathias & Minou😻

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