Wie man Braille schreibt

Es ist einige Zeit her seit meinem letzten Blogeintrag, wir sind ganz in unserem Alltag hier in Hanoi angekommen. Update zur Blindschool: Linh, eine Schülerin aus der B class ist in die A class gewechselt und die B class wurde zur C class. Die beiden anderen Schülerinnen aus der ehemaligen B class hatten sich beschwert, dass der Unterricht zu schwer ist und wollten in die D class wechseln. Stattdessen werden wir sie auf dem C class-Niveau unterrichten, was mehr ihrem Englischlevel entspricht als das D class-Level, und Linh wird in die A class gehen. Eine Herausforderung für sie, weil ihre Englischkenntnisse eher dem B class-Niveau entsprechen, aber die anderen werden sie mitziehen. Die letzten Jahre war sie außerdem auch in A class.
Ansonsten gab es keine großen Veränderungen, wir arbeiten weiterhin in der Blindschool, dem Blindcentre und im Büro.

Wir sind in den letzten Wochen nicht groß weggefahren, sondern haben uns Hanoi etwas mehr angeschaut. Wir haben viele Tees und Kaffees am Hoan Kiem See getrunken (es gibt in Hanoi unglaublich viele wunderschöne Kaffees, die Kaffe- und Teekultur ist in Vietnam auf jeden Fall sehr ausgeprägt!) und waren im Musée d'Ethnographie du Vietnam, in dem man über die zahlreichen ethnischen Gruppen innerhalb Vietnams und Südostasiens lernt. Im Park kann man Nachbauten der traditionellen Häuser einiger Volksgruppen anschauen und begehen.



Traditionelles vietnamesisches Haus eines reichen Geschäftsmannes, das man im Old Quarter besichtigen kann

Tempel das weißen Pferdes


Musée d'Ethnographie

Dieses Wochenende werden wir endlich mal wieder Hanoi verlassen und in den Cuc Phuong Nationalpark fahren, der auch in der Ninh Binh Provinz liegt und wunderschön sein soll. Dort werden wir unsere Mitfreiwilligen vom Kolpingwerk besuchen, die in dem Turtle Conservation Center im Park arbeiten. Freut euch also schon einmal auf den nächsten Blogeintrag! ;)

In diesem Blogeintrag möchte ich euch zeigen, wie wir und die blinden Schüler Braille schreiben.
Zunächst einmal hier ein Bild vom Braille-Alphabet. Jeder Buchstabe wird in einem System aus 6 Punkten dargestellt. Die Punkte werden von links oben nach links unten, dann von rechts oben nach rechts unten durchgezählt. Buchstabe a besteht zB nur aus Punkt 1, Buchstabe d besteht aus Punkten 1, 4, 5.
Die Buchstaben (und die Satzzeichen) muss man einfach lernen, aber mit etwas Übung geht das ganz schnell. Wenn man sich das Alphabet genauer anschaut, fällt auf, dass Buchstaben k bis t und u bis z den Bustaben aus der ersten Reihe (a-j) entsprechen, außer dass Punkt 3 (bzw 6) hinzugefügt werden.


Jetzt zu den Utensilien: Zum Brailleschreiben brauchen wir eine Schablone, ein Blatt Papier und eine Art Griffel, mit dem man die Punkte in das Papier drückt.
Die Schablone ist aufklappbar, zum Schreiben wird das Papier zwischen die Ober- und Unterseite der Schablone geklemmt. Die Oberseite der Schablone besteht aus einem Raster aus vielen kleinen Kästchen, jedes Kästchen entspricht einem Buchstaben. Auf der Unterseite der Schablone sind die 6 Punkte, aus denen sich die Buchstaben zusammen setzen, für jedes Kästchen eingraviert. So kann man die Buchstaben gleichmäßig in das Papier drücken.



Um zu schreiben muss man also einfach mit dem Griffel die den Buchstaben entsprechenden Punkte in das Papier drücken. Mit jeden Buchstaben rückt man ein Feldchen auf der Schablone weiter, um Wörter zu trenne wird einfach ein Kästchen frei gelassen.


Aber Achtung: Die eingedrückten Punkte sollen, um die Buchstaben beim Lesen zu erfühlen, ja nach oben zeigen. Beim Schreiben wird das Papier jedoch nach unten eingedrückt. Um zu Lesen muss das Papier also umgedreht werden. Deswegen muss man praktisch spiegelverkehrt schreiben: Man beginnt rechts und wandert beim Schreiben auf der Schablone nach links. Auch jeder einzelne Buchstabe muss gespiegelt eingedrückt werden. So besteht das a beim Lesen aus Punkt 1, beim Schreiben drückt man jedoch Punkt 4 ein. 
Auf dem ersten Bild unten sieht man, wie ich meinen Beispielsatz in das Papier eingedrückt habe.
Auf dem zweiten Bild habe ich das Papier zum Lesen umgedreht. Anschließend habe ich den Satz noch einmal mit einem Stift darunter geschrieben.




Wenn ich Braille schreibe dauert es noch sehr lange, bis ich einen Satz fertig geschrieben habe, weil ich über jeden einzelnen Buchstaben nachdenken muss. Wenn die blinden Schüler schreiben geht das unglaublich schnell. Auch das Buchstaben erfühlen finde ich sehr kompliziert, da die Buchstaben sich einerseits sehr ähnlich sind, andererseits darf man nicht zwischen den Buchstaben verrutschen und muss erkennen, welche Punkt jetzt zu einem Buchstaben gehören und welche schon zum nächsten. Die Schüler haben damit natürlich auch keine Probleme. 
Auf dem Bild unten ist der monatliche Oktober-Test von meiner Schülerin Trang zu sehen. Links sind die Aufgaben, rechts ihr Antwortbogen (schon korrigiert).


Natürlich bekommen die blinden Schüler den Aufgabenbogen auch als Brailledruck. Da es aber extrem lange dauern würde, bis wir alle Aufgaben selbst geschrieben hätten, lassen wir die Tests außerhalb drucken. Texte, die mit dem Braille Drucker gedruckt wurden, sehen dann so aus (Bild unten). Je nachdem wie lange der Text ist, desto länger ist natürlich auch der Brailledruck (der unten zu Sehende besteht nur aus zwei Blättern).


Jetzt da ihr das Braille-Alphabet kennt, könnt ihr ja mal versuchen zu lesen, was ich hier geschrieben habe. ;)


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Von Vietnams Norden nach Süden

Besuch von meiner Familie & Ostern

Hongkong & Hanoi